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(c) Niko Schneider
19. August. 2014

Jessica Langstädtler - eine wie keine

Jessica Langstädtler (20) kämpft sich als einzige Dame durch das Feld des ADAC Junior Cups. Die schnelle Hessin kam durch ihren Bruder zum Motorradsport. Wir haben mit ihr über Motorsport, Hennen im Hahnenkorb und tierische Vergleiche gesprochen.

Jessi, du bist die einzige Dame im Starterfeld des ADAC Junior Cup. Fühlst du dich wie die Henne im Hahnenkorb?
Wenn man genau darüber nachdenkt würde ich schon sagen, dass man mich als "Henne im Hahnenkorb" bezeichnen kann, allerdings fühle ich mich nicht so. Eher passe ich mich den anderen an und denke, dass wir -egal ob Mann oder Frau- doch alle die Gleichen sind und alle mit demselben Ziel im Starterfeld stehen.

Wie wird man als Frau im Starterfeld wahrgenommen – kommst du mit den Jungs gut klar?

Selbstverständlich wird man als Frau anders wahrgenommen, besonders wenn man, wie in meinem Fall, neben 28 Jungs die Einzige ist. Zwar genieße ich die Aufmerksamkeit, dennoch stehe ich in gewisser Weise immer unter Druck, da ich zeigen und beweisen möchte, dass ich als Frau das Zeug dazu habe, bei den Jungs mitzuhalten. Es ist meine erste Saison überhaupt. Außer bei einem Drei-Tages Training in Magione 2013 und drei Gaststarts im letzten Jahr konnte ich keine Erfahrung sammeln, was das Ganze erschwert.
Ich muss jedes Rennwochenende wieder die Strecken neu kennenlernen und innerhalb von einem 35-minütigen Training fit für das Quali und besonders das Rennen werden. Ich komme sehr gut mit den Jungs klar und freue mich, dass diese auch mich akzeptieren und als echte Teilnehmerin des Cups bzw. Fahrerin wahrnehmen. Wir verstehen uns alle sehr gut, immer wieder gibt man sich gegenseitig Tipps oder entspannt einfach zusammen nach den Trainings. Allerdings bleibt immer im Hinterkopf, wir alle sind Konkurrenten und es kämpft jeder für sich selbst.

Denkst du, die Jungs gehen auf der Strecke davon aus, dass du eher mal zurücksteckst?
Teilweise denke ich schon, dass die Jungs davon ausgehen, dass ich eher mal zurückstecke als einer der Jungs. Dennoch habe ich mich meiner Meinung nach bisher sehr gut durchgesetzt und gezeigt, dass ich kein Püppchen bin, sondern genauso angreife und für meinen Traum auf der Rennstrecke kämpfe.

Im IDM-Umfeld wart ihr in diesem Jahr bereits zu Gast in Oschersleben und du bist in die Punkte gefahren. Liegt dir die Strecke?
Ja, wir waren bereits im Juli in Oschersleben zu Gast. Es war das zweite Rennen der Saison und somit für mich das zweite Rennen überhaupt als Starterin des ADAC Junior Cups. Ich konnte zwei Punkte mit nach Hause nehmen und beweisen, dass ich den Mut, Willen und die Kraft habe, mein Ziel von der "Top 20 in der ersten Saison" zu realisieren. Das Rennen hat mich sehr stolz gemacht, es war ein ständiges hin und her zwischen dem Mittelfeld, in welchem ich gesteckt habe. Zum Ende hin habe ich mich auf Platz 14 gekämpft was mich für die weitere Saison nur noch mehr motiviert hat. Ich hoffe, ich kann an dieser Leistung beim nächsten Mal in Oschersleben anknüpfen!

Wie würdest du die Motorsport Arena charakterisieren?
Ich mag die Strecke in Oschersleben sehr, auch wenn ich dort schon vier Mal die Kiesbetten genauer betrachten musste. Aber ich denke, genau daraus lernt man und sammelt Erfahrung. Die gesamte Motorsport Arena gefällt mir sehr gut und ich zähle Oschersleben zu meinen Lieblingsstrecken.

Du fährst mit deinem Bruder in einer Klasse – wer gibt wem Tipps?

Mein Bruder Leon Langstädtler ist bereits das dritte Jahr Starter des ADAC Junior Cups. Dadurch ist natürlich er derjenige, der mir Tipps geben kann. Doch auch bei uns ist es nicht anders als mit allen anderen Fahrern, sobald der Helm zu geht sind wir nun mal "Konkurrenten" und müssen nicht mit, sondern gegeneinander antreten und kämpfen. Aber es ist schön zu wissen, dass man Leute hat, die einem gerne helfen. Zu diesen Personen zählt auch Lucy Glöckner, bei vielen Rennen begleitet sie mich bis in die Startaufstellung, motiviert mich und macht mir klar, dass wir Frauen den Männern zeigen müssen, wo es lang geht. Dennoch habe ich bereits gelernt, dass es in unserer Sportart besonders voran geht, wenn man aus den eigenen Fehlern lernt und immer wieder versucht, seine eigene Grenze zu erreichen. Nur so kann man sich stets verbessern und die Erfahrung erweitern.

Das Maskottchen der Rennstrecke ist ein Vogelstrauß. Mit welchem Tier würdest du dich vergleichen und warum?
Ich würde mich mit einem Skorpion vergleichen. Skorpion ist mein Sternzeichen, und dieses passt auch sehr gut zu mir. Ein typisches Charaktermerkmal ist das Durchsetzungsvermögen. Der Skorpion ist klein und unscheinbar, seine Stärke und die Gefahr, die in ihm steckt, werden unterschätzt. Ähnlich geht es mir, als eine der wenigen Frauen im Motorsport. Viele trauten mir zu Anfang nicht die Kraft -nicht nur körperlich- und den nötigen Biss zu.

Wie sieht deine (berufliche und motorsportliche) Zukunft aus?
Eine sehr schwere Frage! Meine Zukunft steht leider noch komplett in den Sternen. Ich habe dieses Jahr erfolgreich mein Abitur absolviert. Nach der Saison werde ich für einige Monate als Bagpacker durch Australien und Neuseeland reisen, besonders um meine sprachlichen Kenntnisse zu verbessern. Im nächsten Jahr möchte ich dann ein Duales Studium beginnen, mit dem Schwerpunkt Marketing, Publizistik, Journalismus und Mediendesign. Mein Traum wäre es, in einer Agentur zu arbeiten, in welcher ich mich kreativ entfalten kann, bisher habe ich jedoch leider noch keine festen Zusagen. Die motorsportliche Zukunft sieht leider bisher alles andere als gut aus. Da ich bereits 20 Jahre alt bin darf ich im nächsten Jahr nicht mehr im ADAC Junior Cup an den Start gehen. Für einen weiteren Schritt, wie beispielsweise dem R6 Dunlop Cup werde ich mit meiner wenigen Erfahrung, aber auch finanziell kaum Stand halten können. Ich habe immer noch die Hoffnung, dass der Junior Cup vielleicht auf 23 Jahre erhöht werden könnte, spricht ja eigentlich nichts dagegen, denn der Junior Cup soll "Anfängern" helfen und in gewisser Weise als Sprungbrett für eine weitere Laufbahn dienen, wie alt diese "Anfänger" sind, spielt meiner Meinung nach keine Rolle! So könnte auch ich meinen Traum weiterleben und verwirklichen. Ansonsten hätte ich kaum eine andere Wahl als alles aufzugeben.

Wir wünschen dir für deine private und motorsportliche zukunft alles Gute und natürlich viel Erfolg bei der German Speedweek am kommenden Wochenende!

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